"Ungepflegte Zukunft?" Themen-Stammtisch zu "Pflege, Betreuung und Patientenverfügung"
Im Jahr 2035 werden rund 500.000 Menschen in Bayern pflegebedürftig sein. Mehr als eine Million Angehörige werden mit davon betroffen sein. Durch mangelnde gesetzliche Grundlagen, so Bönsch, steuert das Land jedoch in einen immer dramatischeren Pflegenotstand. So basiere das Pflege-Versicherungsgesetz von 1994 auf einem veralteten Familien- und Frauenbild und berücksichtigt weder die Vielfalt der modernen Lebensmodelle, noch den steigenden Bedarf an Pflegekräften und Einrichtungen. Außerdem, bemängelte Bönsch die Komplexität und bürokratische Undurchschaubarkeit der Gesetze, wodurch vor allem pflegende oder betreuende Angehörige überfordert sind.
So gibt es z.B. allein zur Bestellung von Inkontinenzprodukten 143 verschiedene Formularvorlagen. Hierzu bemerkte er auch, dass eigentlich ein Rechtsanspruch auf umfassende Auf- und Erklärung, extra im Pflegegesetzt verankert ist.
Auf die Frage von Bürgermeisterkandidat Florian Hupfauer, was die Politik konkret ändern muss, antwortete Bönsch ausführlich. „Pflegende Angehörige müssen, durch alle Instanzen mehr unterstützt und informiert werden. Die Ausbildung der Pflegekräfte sollte sich an den erfolgreichen skandinavischen Vorbildern orientieren, in denen Pflegekräfte, durch mehr Befugnis und Verantwortung, die Ärzte und Krankenhäuser entlasten. Die Kommunen, Landkreise und Bezirke müssen besser finanziell ausgestattet werden. Bürokratie muss abgebaut und die verschiedenen Instanzen besser vernetzt werden. Zu guter Letzt, müsste man das Gesetz so umbauen, dass ein Ansatz zur gesundheitlichen Verbesserung von Pflegefällen enthalten ist. Momentan ist eine hohe Pflegestufe lohnender für das System.“
Finanzieren würde Bönsch die steigenden Kosten, z.B. durch Pflichtversicherung für Selbständige und Beamte. Aber auch die, durch bessere Pflege, mögliche Senkung von Krankenhaus und Arztkosten, könnten man der Pflegekasse zufließen lassen.
Letztendlich ist aber auch die private Vorsorge unumgänglich. Sowohl finanziell als auch rechtlich sollte man sich möglichst früh mit dem Thema befassen. So erläuterte Bönsch zu guter Letzt wie man im Ernstfall die Gesundheitssorge, Vermögensregelung, Heim- oder Wohnungsangelegenheiten durch Betreuungs- und Pflege Vollmacht sowie Patientenverfügungen regeln kann und bot den Anwesenden Informationsunterlagen als Hand out. (Downdload z.B. auch unter http://www.bmjv.de/DE/Service/Formulare/Formulare_node.html)
Zum Ende der Veranstaltung ließ es sich die Kreisvorsitzende Ursula Lex nicht nehmen, auch auf die Wichtigkeit des Ehrenamtes in der Pflege und Palliativmedizin hinzuweisen. „Wie so oft ist auch hier das Ehrenamt ein vernachlässigter, aber unverzichtbarer Stützpfeiler des Systems“ sagte Uschi Lex in ihren abschließenden Worten und versprach, sich mit ihren Kollegen für mehr Beachtung der Gesamtsituation und mehr Wertschätzung der Pflegenden einzusetzen.